Im SoSe 2018 führte ich zum ersten Mal die Lehrveranstaltung „Digitales Lernen im Spanischunterricht“ im Rahmen des Aufbaumoduls Didaktik durch. Auch das Thema Erklärvideo spielte im Seminar eine Rolle. An zwei Sitzungsterminen nahmen die Studierenden an Workshops des Multimediamobils Niedersachsen zu den Themen „Erklärfilm mit dem Tablet“ und der App „Explain Everything“ unter Leitung von Norbert Thien teil, was die Teilnehmenden begeistert und höchst motiviert zurücklies. In einer der folgenden Sitzungen sprachen sie mich unvermittelt darauf an, ob sie Erklärvideos als Prüfungsleistungen erstellen könnten. Mein erster Gedanke: Ja, warum eigentlich nicht?
Ein Blick in das Modulhandbuch und ein Gespräch mit unserer Studiengangskoordinatorin machte deutlich, dass das Erklärvideo im Prüfungsformat „Präsentation mit Ausarbeitung“ angesiedelt werden konnte. Ich erarbeitete im Folgenden einen Leitfaden für die Erstellung und auf Grundlage der von den Studierenden im Vorfeld selbst erarbeiteten Evaluationskriterien für Erklärvideos ein Bewertungsraster und stellte es den Studierenden zur Diskussion und Abstimmung vor. Der gesamte Kurs bis auf eine Studentin sprachen sich dafür aus, das neue Prüfungsformat in unserer Lehrveranstaltung zu erproben. Die etwas verunsicherte Studentin erbat sich noch etwas Bedenkzeit und kam nach der Sitzung in meine Sprechstunde. Ihre Zweifel konnten wir während eines persönlichen Gesprächs ausräumen und auch sie entschied sich letztlich dazu, ein Erklärvideo zu erstellen. Am Ende des Semesters reichten die ersten Studierenden ihre Prüfungsleistungen ein: Ich war von der Qualität und Kreativität der Arbeiten äußerst angetan. Von einem analogen Legetrick über Präsentationen mit Prezi, Keynote und Explain Everything bis hin zu Vlogs, Digital Stories und Greenscreenproduktionen erstellt mit professionellen Videobearbeitungsprogrammen oder lediglich mit dem Smartphone war einiges dabei. Besagte, anfangs unsichere Studentin, die im Vorfeld befürchtete, Nachteile aufgrund des ungewohnten Formats zu erleiden, erzielte eine exzellente Leistung mit der Note 1,0. Seitdem haben mehrere Dutzend Studierende diese Form der Prüfungsleistung bei mir abgelegt und dabei die volle Bandbreite des Notenspektrums ausgereizt – genauso wie bei schriftlichen Hausarbeiten. Insgesamt ist die Qualität der Arbeiten jedoch sehr hoch. Sicherlich spielt die hohe Motivation der Studierenden und die Möglichkeit, sich kreativ auslassen zu können, eine wichtige Rolle dabei.
Thematisch ist in einem Erklärvideo all das möglich, was auch in einer Hausarbeit funktioniert. Aber die Art der Präsentation ist eine andere. Der Stil ist nicht schriftsprachlich, sondern zeichnet sich durch kurze Sätze und eine mündliche Sprechweise aus. Die angestrebte Kürze des Videos zwingt zu stärkerer didaktischer Reduktion; die Studierenden lernen auf den Punkt zu kommen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Gleichzeitig wird nicht nur auf der Textebene, sondern auch mit Bildsprache und Ton gearbeitet, sodass die Informationshöhe dichter ist. Eher vergleichbar ist das Format mit einem wissenschaftlichen Referat.
Gerade zu Beginn brauchten die Studierenden daher Hilfestellung hinsichtlich der Formalien und technischen Umsetzung. Inzwischen arbeite ich selbst in meinen Seminaren vermehrt mit Erklärvideos, sodass die Studierenden mit dem Format vertraut sind. Dafür nutze ich (wie Sie unten sehen können) verschiedene Tools und Programme, damit die Studierenden einen Eindruck über die Möglichkeiten bekommen. Sie erstellen auch selbst, in Einzelarbeit oder im Team, kleinere Clips und Videos, die der Vorbereitung auf die Prüfungsleistung dienen.
Bisher zeigen sich alle Studierenden meiner Seminare sehr offen gegenüber dem Format und entscheiden sich, wenn die Wahl zwischen Hausarbeit oder Erklärvideo steht, für letzteres. In ihren Reflexionen, die ein Teil der schriftlichen Ausarbeitung darstellen, weisen sie aber auch darauf hin, dass die Erstellung eines Videos, insbesondere für Anfänger*innen, eine höhere Arbeitsbelastung bedeutet als das Verfassen einer Hausarbeit. Trotzdem erachten die Studierenden die während des Erstellungsprozesses erworbenen Fähig- und Fertigkeiten als wichtig und hilfreich für ihre berufliche Zukunft. Viele geben an, dass sie Erklärvideos auch in der Schule einsetzen und von Schüler*innen produzieren lassen wollen.
Erklärvideos sind am Zahn der Zeit, schulen diverse Kompetenzen und die Arbeit mit Text, Bild und Ton motiviert die Lernenden. Ein gewisser Stolz auf ihre selbsterstellten Produkte lässt sich ebenfalls nicht verhehlen. Und im Gegensatz zu einer Hausarbeit verschwinden Erklärvideos meist nicht in der Mottenkiste. Sie werden gerne gezeigt, geteilt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder angeschaut.
Da ich inzwischen immer öfter von Lehrenden zum Prüfungsformat befragt werde, habe ich die Erklärvideos, die ich meinen Studierenden für die Vorbereitung zur Verfügung stelle, veröffentlicht. Womöglich dienen sie dem einen oder der anderen als Anregung und Basis, wenn es darum geht, wie ein Erklärvideo als Prüfungsleistung aufgebaut und wie es bewertet werden kann. Weiter unten finden Sie außerdem die Materialsammlung, die ich auch meinen Studierenden bereitstelle.
Das Prüfungsformat in 60 Sekunden (erstellt in Biteable):
Ausführliche Darstellung der Prüfungsleistung und ihrer Bewertung (erstellt mit Keynote):
Materialsammlung – Nützliche Apps und Links (Stand 05/2021)
Apps zur Erstellung von Erklärvideos
- Explain Everything (kostenpflichtig, iOS/Android/Mac/Windows)
- Shadow Puppet Edu (kostenfrei, iOS)
- iMovie (kostenfrei; iOS/Mac)
- Adobe Spark Video (kostenfrei mit Registrierung, iOS/Android/Mac/Windows)
- Powtoon (kostenfrei mit Registrierung und eingeschränktem Nutzungsumfang; Mac/Windows/iOS/Android)
- Powerpoint (kostenpflichtig, Windows/Mac/iOS)
- Keynote (kostenfrei, iOS/Mac)
- Tawe (kostenfrei mit eingeschränktem Nutzungsumfang)
- Simple Show Videomaker (früher: MySimpleShow)(Edu-Account kostenfrei, iOS/Android/Mac/Windows)
- Biteable (kostenfrei)
- MovieMaker (Windows, keine Aktualisierung)
How-to-Videos
- Explain Everything Classic
- Shadow Puppet Edu
- iMovie
- Movie Maker
- Adobe Spark Video
- Powtoon
- Powerpoint
- Keynote
- Tawe
- Gegenüberstellung von Powtoon, Animaker, Biteable, My SimpeShow
Lizenzfreie Bilder
- Pixabay
- Pexels
- WikiCommons
- Flickr Creative Commons
- https://www.flaticon.com
- Google-Bildersuche mit Suchfilter „Creative-Commons-Lizenzen“
Lizenzfreie Musik
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Smartphone-Stativ aus Pappbechern und Heftklammern oder aus Bleistiften, Sonnenbrillen und Klorollen.
